
Rap ist ein schwieriges Thema, weil es den Rappern häufig darum geht, sich besser darzustellen, als andere. Um das zu erreichen, werden andere Menschen oft herabgewürdigt. Daher findet man des öfteren dumpfe misogyne, xenophobe, antisemitische oder homophobe Texte im Rap, die auch bei ausufernder Verwendung von Autotune häßlich bleiben. So etwas lehnt Auf die Ohren ab. Punkt.
Es geht allerdings auch anders. Im Conscious Rap findet man intelligente, die Gegebenheiten hinterfragende Rhymes, häufig politisch, häufig links. Beispiele dafür sind die Antilopen Gang, Kasper, Marteria oder K.I.Z.. Zum Umfeld der letztgenannten zählt auch Mädness, bürgerlich Marco Döll, der sich im Dialekt seiner nordhessischen Heimat auch Maggo oder de Gude nennt.
Als Mädness 2014 mit der EP „Maggo“ seinen bis dato größten Erfolg feierte, hätte das auch ein würdiger Schlussstrich unter der Mitte der Nullerjahre begonnenen Rapkarriere eines ewig Hochbegabten sein können. Dass er 2017 gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Döll das Projekt „Ich und mein Bruder“ in obere Chartregionen schickte, war dann aber eben keine Übergabe des Staffelstabs, sondern die Neuentdeckung des eigenen Mediums. Im engen Umfeld von Künstlern wie Audio88 & Yassin und K.I.Z festigte sich nicht nur für Mädness über Jahre hinweg die Überzeugung: Rap kann und will wieder eine Haltung haben. Genau diese Haltung hat er nun, mit Ende 30, für sich selbst auf den Punkt gebracht, in Eigenregie, ohne Abhängigkeiten und mit dem unbedingten Willen zur Bewegung.
OG ist der Orginal Gude
Seine heute in Umlauf gebrachte LP heißt OG. Klar wird hier Bezug auf den „Original Gangster“ der amerikanischen Straßenkultur genommen, diese eher gelassene denn bedrohliche Figur, die sich ihren Respekt längst verdient hat. Aber Mädness denkt die Umdeutung auch ganz wörtlich mit, wird zum „Original Gude“, nonchalant auf den Universalgruß seiner hessischen Heimat Bezug nehmend. Die Souveränität steht immer noch im Zentrum, nur zu befürchten gibt es nichts.
Zusammenarbeit mit Marteria, Suff-Daddy und K.I.Z. Nico
In seinen Texten ist Mädness ein guter Beobachter, der das Heranwachsen zum heute End-30jährigen präziser beschreibt. „OG“ zeichnet in zehn Songs die letzten zwei, drei Jahre in Mädness’ Leben schlüssig nach und legt bereitwillig die Karten auf den Tisch. Auf der ersten Albumhälfte dominiert die Auseinandersetzung mit alten und neuen Beziehungen, persönlich wie räumlich: „Team Allein“ und „Endlich neue Freunde“ sind darin völlig klar und frei von Bitterkeit, während „Kein Ort“, das Mädness sich mit seinem langjährigen Weggefährten Marteria teilt, minutiös die verschwommene, oft bedrückende Stimmung in Kaff und Kleinstadt nachzeichnet, die ihre Biografien prägte. Die zweite Hälfte macht ein aufgeräumtes Hier und Jetzt hör- und greifbar mit dem verspielten Titelsong, mit „Arbeit/Urlaub“ oder „Was soll ich dir schon erzählen“. Funk- und Boogie-verliebte Beats u.a. von Suff Daddy und Nico K.I.Z untermauern grinsend, wie wenig das hier am Ende noch mit strengem Rap-Tagesgeschäft zu tun haben muss.