Interview: Fünf Fragen an June Cocó

June Cocós Album „Infinity Mode“ ist draußen und in den kommenden Wochen wird sie in vielen Club- Konzerten live zu erleben sein. Im Interview erzählt sie uns von einem langhaarigen Freund, dem ihre erste Komposition gewidmet war und wie viel Ego in ihren Songs steckt. Außerdem erfahren wir, wie sie die Konzertbühnen in gemütliche Wohnzimmer verwandeln wird.

Foto © Janine Kühn

Adohr: Hallo June, dein neues Album „Infinity Mode”erscheint heute am 28.04.2023. Dazu gibt es eine Release-Tour, die am 02.05.2023 beginnt. Das ist bestimmt mit sehr viel Vorbereitungen verbunden. Deshalb bin ich dir sehr dankbar, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. 

Wer ist die Musikerin June Cocó, also wie bist du zur Musik gekommen und was motiviert dich diesen Weg weiter zu gehen? 

June: Vielen Dank für dieses Interview und die Geduld. Gerade ist wirklich viel los durch die Veröffentlichung des Albums.  Ich denke, ich lebe und liebe meinen Beruf und sehe es als Berufung. Mich hat schon immer alles in den Bann gezogen, was interessant klingt. Schon als Kind. Meine Mutter meinte, dass es auf dem Ultraschallbild so aussah, als würde ich im Babybauch Klavier spielen, so ist es also nicht verwunderlich, dass ich mich später, so mit 6 Jahren, in dieses Instrument verliebt habe. Anfangs habe ich gar nicht gesungen, weil ich zu schüchtern war und das mit dem Songwriting war mir als Talent noch gar nicht bewusst, auch wenn ich sehr früh angefangen habe, Songs zu schreiben und zu komponieren. Mein erster Hit war meinem haarigen Freund Sebastian gewidmet: “Bin ein kleiner Dackelhund…” Aktuell komponiere ich noch immer gerne am Klavier und es ist eine wichtige Basis für meine Solokonzerte neben interessanten Live Sounds und Beats und natürlich meiner Stimme, die ich als mein Hauptinstrument bezeichnen würde. Ich liebe es, die musikalische Magie mit dem Publikum zu teilen, wenn der Funke überspringt. Dann fühle ich ein Stück Unendlichkeit und kann “sein”.

Adohr: Von deinem neuen Album „Infinity Mode”, es ist dein drittes, sind bisher zwei  Singles bekannt. “The Spark” vermittelt das befreiende Gefühl, einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen. Inwieweit ist  das neue Album für dich ein neuer Abschnitt bzw. eine neue befreiende Erfahrung? 

June: Das ist tatsächlich so, einerseits habe ich ein neues Team um mich herum gebaut, andererseits habe ich mich mit dem Album während der Arbeit an diesen Songs sehr viel persönlich weiterentwickelt. Ich bin noch mittendrin, also auch hier findet sich wieder ein Stück “Unendlichkeit” wörtlich wieder. Weil mein “Heilungsprozess” und mein Lernprozess in vielen Bereichen gefühlt erst begonnen hat. Auch musikalisch bin ich ein Stück mehr zum Pop übergesprungen bzw. habe ja gesagt, zu größeren Arrangements. Ich schreibe schon immer sehr eingängige Melodien und liebe opulente Vocal-Arrangements, aber dass ich wirklich denke – “The Spark” möchte ich genau so im Radio hören, das ist für mich eine konsequente Weiterentwicklung. Ich habe außerdem mit wahnsinnig tollen Menschen an diesem Album gearbeitet, von denen ich sehr viel lernen konnte, und ich habe mich selber aus ungesunden Mustern und aus einer toxischen Beziehung befreit. Aus dieser Phase und Zeit, High Highs, Low Lows, steckt sehr viel in den Songs und in dem ganzen Album. Ich persönlich bin endlich nach Berlin gezogen, was für mich eine größere Veränderung bedeutet hat, als ich gedacht habe, und wirklich mit alten Mustern und Beziehungen zu brechen, sie aufzubrechen, mich damit zu konfrontieren, das war schon ein sehr wichtiger persönlicher Befreiungsschlag glaube ich. Den hört man bestimmt auch in der Musik. Und diesen Mut mir selber und anderen Mut zuzusprechen, die es gerade brauchen. Ein Schlüsselerlebnis für mich ein Workshop, den ich auf Teneriffa für NichtsängerInnen gegeben habe, um in Verbindung mit der eigenen Stimme zu kommen. Das Universum, das sich hier aufgetan hat, war für mich umwerfend. Dieses “eine Stimme haben”, “seine Stimme finden” und wie viel man doch daraus lesen und erfahren kann, wie man vor anderen mit seiner Stimme umgeht, wenn man ein (fremdes) Gegenüber hat. Das war Mindblowing. Und ich habe mal wieder die Kraft der Musik entdeckt und die Stimme, die mich selbst als Barometer und Indikator schon selber oft gerettet hat. Weil ich weiß, wenn meine Stimme „versagt“, dann zeigt mir mein Körper, dass ich so nicht weitermachen kann oder eine Pause brauche. Als Beispiel, das jedem bekannt sein dürfte. Mit dem Bedürfnis, mich selbst zu befreien und dem Erlebnis und der Erkenntnis, wie befreiend das Singen auch für andere sein kann, die einen Background ganz ohne musikalische Ambitionen haben, was ich vor Allem im letzten Monat sehr stark erfahren durfte, war es nur eine logische Konsequenz “The Spark” und “Solid Ground” als nächstes zu veröffentlichen. Das fühlte sich für mich persönlich richtig und wichtig an.

Adohr: Die andere Single “Solid Ground” beschreibt die Befreiung aus einer toxischen Beziehung und hat insofern einen Bezug zu “The Spark”. Ist“Infinity Mode” ein Konzeptalbum, das sich mit solchen Lebenssituationen befasst und wie viel eigene Erfahrung verarbeitest du in deinen Liedern?

June: Infinit Mode” ist kein Konzeptalbum im klassischen Sinn, als dass ich ein Thema hatte und dann ins Studio bin und die Songs fertig geworden sind. Es ist eher, weil ich immer Songideen und Songs in der Schublade habe, eine Sammlung von Songs, die gemeinsam nun ihre Zeit erfahren. Alle Songs haben mit “Infinity” und ja, meinen persönlichen Erfahrungen der letzten fünf Jahre (mindestens) zu tun, aber eben auch stark dieses Verarbeiten einer toxischen Beziehung und das in den Spiegel sehen und sehr viel über sich selbst lernen. Die Songs und die Produktion hat mir teilweise sehr geholfen, das zu verstehen. Durch den Prozess, diese Songs zu finalisieren, immer wieder rein zu gehen und auf die eigene Stimme zu hören, war ein sehr wichtiger Prozess, der, und so ist es bei mir, glaube ich bisher immer gewesen, meine persönliche Entwicklung beeinflusst hat und umgekehrt.  

Adohr: Wie entstehen deine Songs, schreibst du Musik und Texte selbst, entstehen sie im stillen  Kämmerlein oder im regen Austausch mit anderen Musikern oder Textern? 

June: Das ist tatsächlich total unterschiedlich. Meistens ist da eine Idee, die ich entweder geträumt habe, sowas kommt vor, einen Satz den ich aufgeschnappt und notiert habe, eine Chorus Idee, die mir zufliegt, ein Sound, der mich inspiriert und den ich gleich aufnehme (wie den Sound von der S-Bahn S-Bahnhof Friedrichstraße, der klingt, wie ein Streicher-Pad). Ich beginne meistens im stillen Kämmerlein, bin aber auch sehr gut darin und interessiert daran, mit anderen zu schreiben. Es macht viel Spaß, sich auszutauschen und auch mitzubekommen, wie andere so ticken und Songs schreiben. Jeder hat seine Lieblings-Bilder und Momente und wenn sich zwei, drei Menschen treffen und es flowt ist das fantastisch. Nur zu viel Ego im Raum finde ich schwierig, das hatte ich aber zum Glück nicht zu oft, zumindest kein hinderliches Ego. Aber mein Ego hört und sieht definitiv mit und macht auch manchmal komplett dicht. Das sich schnell auf ein Gegenüber einlassen können ist, denke ich, auch ein Talent und oft Fügung. Für meine eigenen Songs ist es aber meistens so, dass sehr viel da ist, bevor jemand dazu kommt, der Song fast fertig ist und ich mir für den Text und nochmal für die finale Geschichte Hilfe oder zumindest einen Blick von außen hole. Und natürlich wird im Prozess der Produktion schon auch noch oft etwas umgestellt, umgeschrieben, angepasst. Das ergibt sich dann im Prozess. Wie bei einem Puzzle, wenn nicht alles aus einem Guss entsteht. Bei diesen Musenküssen, wo ein Song sich wie von selbst schreibt, ist meist nicht viel hinzuzufügen. Aber ich lerne ständig und bin aktuell, jetzt nach dem Album, sehr gespannt und neugierig darauf, mit anderen tollen Menschen Musik zu machen und zu schreiben. Wichtige Partner für “Infinity Mode” beim Song schreiben waren für mich auf jeden Fall Wouter Hardy, der “Arcade” für Duncan Laurence (niederländischer Beitrag beim Eurovision Song Contest) geschrieben und produziert hat. Wir haben “The Spark” zusammen geschrieben. Mit Joe Lutze gibt es wieder einen Song, mit ihm habe ich bereits Neptune’s Daughter geschrieben. Und Niklas Keiser von Razz – mit ihm ist „Solid Ground“ entstanden. Ein großartiger Songwriter und Mensch und mein Lyrics Checkup und Backup ist außerdem Duncan Townsend.

Adohr: Du beginnst deine Deutschlandtour in Münster, was mich als Münsteraner sehr freut. Die Pension Schmidt ist ein kleiner Club mit einer kleinen Bühne und dem schönen Effekt, dass das Publikum den Künstler: innen sehr nahe sein kann. Was erwartet uns bei deiner Show? Kommst du mit einer Band oder bist alleine auf der Bühne?

June: Ich werde mein Klavier mitbringen, für die Wohnzimmerkonzert Atmosphäre werde ich meine Vintage Lampen mitbringen, meine Winkekatze und meine One Woman Show auf die wohnzimmerartige Bühne zaubern. Ich freue mich sehr auf diese  intime Atmosphäre, denn aus diesem Bar-Kontext komme ich her und diese Art von Rahmen leibe ich. Ganz nah und direkt Endorphine und Sound mit dem Publikum teilen. Und natürlich habe ich die Songs von meinem Album Infinity Mode dabei. Und dann auch auf Vinyl und CD 🙂

Adohr: Vielen Dank für das Interview

3 Kommentare zu „Interview: Fünf Fragen an June Cocó

  1. likey! 🙂

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  2. ❤ ❤ ❤ 🙂

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    1. Komme gerade vom Konzert, June war sweet. Das Konzert war Klasse . Ich werde berichten.

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