Vinyl Special
Wer wie ich etwas älter ist, verbindet mit dem Auflegen einer Schallplatte nostalgische Erinnerungen. Da passt es, dass es der norwegischen Sängerin und Liedermacherin Signe Marie Rustad so unglaublich gut gelingt, die Singer-Songwriter-Tradition von Joni Mitchell und Carole King in die heutige Zeit zu transformieren. Man könnte glauben, die sieben Songs der Langspielplatte Particles of Faith seien nicht am Oslo-Fjord, sondern in der Gegend des Laurel-Canyons in Kalifornien aufgenommen worden.
Fotocredit: Marthe Amanda Vannebo

Dazu trägt nicht nur die markante Stimme von Signe Marie Rustad bei, die Erinnerungen an die oben genannten Songwriter-Pionierinnen wachruft. Auch ihre eingespielten Band sorgt mit einen breiten, organischen und vom Klavier getragenen Sound für den kalifornischen Songwriterinnen-Vibe. Rustad legt als Liedermacherin natürlich großen Wert auf ihre Liedtexte, wobei ihr Englisch sehr gut zu verstehen ist. Sie beziehen sich bei Particles of Faith vor allem darauf, den Glauben an sich selbst nicht zu verlieren, die Liebe zu bewahren und die Menschen um sich herum sowie die Welt im Allgemeinen zu schützen. Rustad lässt ihrer hervorragenden Band aber auch sehr viel Raum, deren Können zu beweisen. So beginnt in dem Sieben-Minutenstück I Loved You From Before nach viereinhalb Minuten ein spektakulär langes instrumentales Outro, das eine Jazzband nicht besser improvisieren würde. Beim Song Carrickalinga erhält der gefeierte norwegischen Jazzmusiker Harald Lassen ein schönes dreiminütiges Saxophon-Solo.
In ihrer Heimat Norwegen ist Signe Marie Rustad seit ihren Debüt im Jahr 2012 bereits ein Star. Mit Particles of Faith hätte sie es verdient, auch hierzulande zu zünden und einen Bekanntheitsgrad zu erreichen, wie die vergleichbaren First Aid Kit aus Schweden.

Warum Vinyl?
Der Verkauf von Vinyl-LPs ist seit mehr als einem Jahrzehnt weitgehend kontinuierlich gestiegen. Auch die junge Generation hört wieder Vinyl. Das Abhören einer Schallplatte bietet einen besonderen Musikgenuss. Unterwegs hören, geht nicht. Der Plattenspieler verfügt über keine Skip-Funktion. Zusammenstellen einer Playlist? Nicht möglich. Vinyl ist empfindlich und will behutsam behandelt werden. Also ist man gezwungen, zu entschleunigen, zuhause zu bleiben und sich Zeit zu nehme. Das Auflegen der Vinylscheibe auf den Plattenteller und das vorsichtige Absenken der Nadel wird zum Ritual. Die LP wird ein Stück nach dem anderen abgehört und zwar in der Reihenfolge, die von den Musiker:innen vorgesehen ist. Man wird mit einem schön gestalteten Plattencover belohnt. Aus den Lautsprecherboxen oder dem Kopfhörer ertönt ein warmer warmen erdiger Klang. Es ist einfach gemütlich.
Prima Tip. Vielen Dank.
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