Jónsi veröffentlicht neues Solo-Album mit den Gaststars Robyn und Liz Frazer
Jón Þór „Jónsi“ Birgisson ist der Gitarrist und Sänger der isländischen Postrock-Band Sigur Rós, von der man verwobene,vielschichtige, naturverbundene Ambientklänge gewöhnt ist. Seit 2006 arbeitet Jonsi mit seinem Lebensgefährten Alex Somers, von der Band Parachutes, an einem weiteren Projekt. Juli 2009 erschien das erste Album („Riceboy Sleeps“) der beiden unter dem Bandnamen Jónsi & Alex. Auch hier sind eher sanfte, sphärische Klänge zu hören. 2010 veröffentlichte Jónsi sein erstes Solo-Album „Go“, ein opulentes Popalbum. Ganz weit weg von Pop geht Jonsis Zusammenarbeit mit dem Komponisten Carl Michael von Hausswolff. Das gemeinsame Projekt Dark Morph ließ im Mai dieses Jahres Kollagen aus Walgesängen und anderen Naturtönen erklingen.

Eine Dekade nach „Go“ erschien am Freitag, den 02.10., mit „Shiver“ das zweite Solo-Album unter dem Markenzeichen Jónsi. Eine Erwartung hat er mit “Shiver“ sicher erfüllt. Es ist nicht vergleichbar mit dem was Jónsi bisher zu Gehör gebracht hat. Mittlerweile von Reykjavik ins sonnige Los Angeles umgesiedelt, versicherte er sich der Mitarbeit des Produzenten A.G. Cook, seines Zeichens Charli XCXs Creative Director.
(Fotos: Barnaby Roper)
Dessen avantgardistischen Experimentalismus sorgt dafür, dass die Jónsi-typische feingewebte Atmosphere, wie sie uns zunächst im Opener „Exhale“ oder später in „Granade“ begegnet immer wieder durch knarzenden Beats bis hin zu wahren E-Drum-Massakern („Wildeyes“), ständig wechselnden Rhythmen (Swill) und vielfältigen elektronischen Effektinfernos („Kórall“) auf eine andere Ebene zwischen Noise-Pop und Trance befördert wird.
Avantgardistischer Experimentalismus
Weiter hat sich Jónsi zwei wunderbare Gastsängerinnen ins Boot geholt, die das werk um ihre eigenen Noten bereichern . Liz Frazer kennt man von der schottischen Dream-Pop-Band Cocteau Twins und als Sängerin von Massiv Attacks unvergesslichem „Teardrop“. Sie sorgt im Track „Cannibal“ für die Dream-Pop-Komponente und kommt mit ihrer Stimme noch höher als Jónsis Falsett. In der experimentellen Elekto-Pop-Nummer „Salt Licorice“ werden die Vocals von Jónsi und der schwedischen Pop-Ikone Robyn von einem treibenden Beat und lauten, durchdringenden Glockenschlägen untermalt. Als wollte Jónsi uns nach all den Haken und Sprüngen seine Hörer besänftigen, endet „Shiver“ mit zarten Lullaby „Beautiful Boy“.
Als Fazit muss hier nochmal die Vokabel „experimentell“ bemüht werden. „Shiver“ hörenswert, aber so vielschichtig, dass es kein Pop-Album zum nebenbei hören ist.