Heute rscheint Skin Deep, das Debütalbum des italienischen Experimental/Pop – Projektes BJRG.

DieseAufnahme ist etwas besonderes. Es ist kaum zu glauben. Man hört keine Elektronik und eine Musikinstrumente. Tatsächlich nur mit der nackten Stimme, zwei Mikrofonen, einem Delay-Pedal und einer Loopstation erschafft BJRG eine komplexe Musik, in die man tief eintauchen kann.
BJRG ist ein reines Solo-Stimmenprojekt.
Hinter BJRG verbirgt sich der Experimental-Musiker Luca Nistler. Nistler ist auch Voice-Sound Designer und bildender Künstler innerhalb der Performance Gruppe ‚I Figli di Marla‘. Im April 2019 traten sie beim DO DISTURB Festival im Palais de Tokyo in Paris auf, zusammen mit Künstler*innen von Tate Modern, Moma, Biennale Venezia.
Das Konzept
Die Reihenfolge der Stücke nicht zufällig. Jeder Titel eines jeden Songs nimmt ein Wort aus dem vorherigen mit und erkundet es. So ergibt sich aus den Stücken auf dem Album der Satz:
– out in the flesh nothing but skin is unseen firework –
Eine Referenz zur Quantenphysik, nach der wir nie ewtas wirklich berühren. Was wir als Berührung empfinden, ist einfach nur eine elektromagnetische Abstoßung der Elektronen unserer Hautzellen.
Das erste Stück des Albums heißt „out“ und nimmt das Wort „out“ aus dem letzten Song der vorangegangenen EP „Solastalgia“.
Der zweite Song „in the“ handelt vom elektromagnetischen Feld zwischen den Atomkernen unserer Haut. Tastsinn ist eine Illusion. Aber macht es das weniger schön? Die Musik von „in the“ ist gekennzeichnet durch Stimmen-Funken: „Quantenklänge“, Stimmpartikel. Diese Stimmfunken sind über das gesamte Album verteilt.
„flesh“ ist ein sehr nacktes Lied darüber, dass unsere Haut in erster Linie ein natürlicher und grundlegender Genussrezeptor ist. Straight, queer? No fear.
„nothing“ ist dieses kleine, unberührte Vakuum zwischen zwei Atomkernen. Dieses Lied ist auch eine Ode daran, nichts zu tun gegen die hoch funktionale Angst.
„but“ ist in der englischen Grammatik definiert als eine ‚adversative conjunction‘. In diesem Song geht es um den südafrikanischen Helden Steve Biko. Biko war eine extrem intelligente, lustige und sanfte Seele. Er hat nicht GEGEN etwas gekämpft. Er kämpfte FÜR die meisten, um seinen eigenen Leuten das Gefühl der Unterlegenheit zu nehmen. Das ist seine Herausforderung. Deshalb wurde seine Slogen „black ist beautiful“ in den 70er Jahren so populär. Warum nun aber der Titel „but“? Denn er lebte in Verbindung (conjunction) mit seinen Leuten, und führte sie in eine sanfte, aber gegensätzliche (adversative) Richtung: die der Abschaffung der Apartheid.
„skin“ ist ein Lied gegen den politischen Nihilismus, es spielt mit John Lennons ‚Working Class Hero‘. Die Wahrheit ist, dass irgendwo etwas verloren gegangen ist. Die Menschen verloren den Kontakt zueinander. Aber es gibt unglaublich schöne Ausnahmen: Amerikanische Kriegsveteranen zum Beispiel, die sich dem Kampf gegen den Bau einer Ölpipeline Seite an Seite mit den Native Americans im Reservat der Standing Rock Sioux anschließen.
„is“ ist es ein wildes digitales Tier, es ist das Akronym für Infraschall.
Bei „unseen“ geht es darum, sich unsichtbar zu fühlen und den Kontakt zum eigenen Selbst zu verlieren.
„firework“ schließlich ist der letzte Song des Albums und beschreibt, wie schön es sich anfühlt, verliebt zu sein, obwohl manchmal Gefühle nicht zurückgegeben werden. Liebe kann auch einfach bedeuten, aus der eigenen Haut zu kommen: „I stopped being mine“.