Wenn mann sich Bands wie Japanes Breakfast oder Slowdive bzw. mit den Sub-Genres Dreampop oder Shoegaze beschäftigt, wird man von den Algorithmen von Spotify oder Youtube auf Bands aufmerksam gemacht, denen das Label Paisley Underground anheftet. What?

Paisley ist eine Stadt in Schottland, in der Nähe von Glasgow, welche im 19. Jahrhundert ein bedeutendes Textilverarbeitungszentrum war. Nach ihr wurde das Paisley -Muster benannt. Britische Soldaten brachten bei der Rückkehr aus Indien Kashmir-Schals mit dem später für Paisley-Produkte charakteristischen Motiv nach Großbritannien. Das Geschäft mit den so gewebten Stoffen blühte Ende des 19. Jahrhunderts. Später erlebte das Motiv eine Renaissance bei den Hippies. Ob die Stadt Paisley eine U-Bahn mit dem Namen Paisley Underground hat, habe ich nicht recherchiert. Es wäre auch ungewöhnlich, wenn eine U-Bahn Thema eines Musikblogs wäre.
Vielmehr ist Paisley Underground die Bezeichnung für eine spezielle Szene von Rockmusikern, die in Los Angeles in der Mitte der 1980er Jahre von Bedeutung war. Die Namensgebung geht auf Michael Quercio vonder Band The Three O’Clock.
Quercio war eng befreundet mit Lina Sedillo, der Bassistin der lokalen Punkband Peer Group. Bei eine Studioprobe mit Peer Group nahm Sedillo eine der Nummern, die einen improvisierten gesprochenen Mittelteil enthielt . Sie trug ein rotes Paisley-Kleid, das sie in einem Secondhand-Laden gekauft hatte. Mit Blick auf das Kleid kam ihr die Zeile „Words from the paisley underground„in den Sinn. ALS sie das Band am nächsten Tag abhörte und ihr der Satz wieder zu Ohren kam, rief sie sofort Quercio an. Denn sie wollte damals eine Band zusammen machen und sie hielt Paisley Underground für einen coolen Namen. Einige Wochen später ließ Quercio den Namen spontan in ein Interview fallen ließ, als er gefragt wurde, wie er Bands wie The Bangles, Rain Parade und The Three O’Clock beschreiben sollte. Der Interviewer nutzt den als praktisches Etikett für Bands und so hatte Quercio ungewollt den Namen dieser neuen Bewegung, Paisley Underground, gefunden.
Paisley Underground klang auch viel besser als Neo-Psychedelia bzw. des Neo-Garage , wie die Schublade bis dahin bezeichnet wurde.Die dem Paisley Underground zugerechneten Bands bedienten sich des Psychedelic Rock, Folk Rock und Garage Rock der 1960er Jahre als Haupteinfluss. Der Musikalische Vorbilder waren Bands wie The Byrds, die Beach Boys. Beispielsweise ließen Dream Syndicate den Sound von Crazy Horse und Creedence Clearwater Revival mit einem Einschlag von The Velvet Underground wieder aufleben. Die Band The Bangles erinnerten an The Mamas and the Papas, Green on Red bauten auf The Doors auf und The Long Ryders erschienen als Nachfolger von Buffalo Springfield.
Die erfolgreichste Band aus diesem Kreis waren natürlich The Bangle um Susanna Hoffs, denen eine Weltkarriere gelang
Ein großer Fan des Paisley Undergroun war übrigens Prince. Deshalb hat er seine Paisley Park Studios danach benannt. Sein Song Raspberry Beret ist von der Musik beeinfjusst.
Die Bangles mögen die kommerziell erfolgreichste Paisley Underground Band gewesen sein, die eindrucksvollste ist aber Mazzy Star mit der zauberhaften Hope Sandoval. Ihre Erscheinung und ihre Stimme sind genau so, wie es ihr Name verspricht.
Der Gitarrist David Roback gründete mit der Bassistin Kendra Smith (ehemals Dream Syndicate) die Band Opal. Durch eine Demoaufnahme wurde er auf Hope Sandoval aufmerksam und nahm sie in die Band auf, wo sie während der Abschlusstour Kendra Smith als Sängerin ersetzte. Nach der Auflösung von Opal setzten Roback und Sandoval ihre Arbeit als Duo unter dem Namen Mazzy Star fort. Sie spielten melancholischen, Folkpop, psychedelische Stücke mit Anklängen Blues. Die Texte waren düstere Geschichten von ungesunden Beziehungen, unerfüllter Liebe oder drohendem Abschied, oft kryptisch und mit suizidalen Andeutungen.
Zum Vergleich mit heutigem Dreampop: Boyisch von Japanese Breakfast.
Boyisch von Michelle Zauners Band Japanese Breakfast ist hier nicht zufällig gewählt. Der Produzent und Drummer Craig Hendrix hat extra viel Reverb (Hall) auf die Percussions gelegt, sodass ein Phil-Spector-Sound wie bei der Sixtys-Girlband „The Ronettes“ (Be My Baby) entsteht. Die Backing Vocals im Chorus sind mit Absicht so arrangiert wie bei den Beach Boys und die Gitarre in der Bridge klingt wie aus einer Rock n‘ Roll Ballade der 50er/60er Jahr. Damit sind alle Zutaten für einen Zeitsprung zurück in die Paisley Underground Dekade gegeben.